Michael Schmidt. Lebensmittel

4. März – 13. Mai 2012

In den Jahren 2006 bis 2010 hat Michael Schmidt den europäischen Kontinent bereist und die Produktion, Verarbeitung, Konfektionierung und Präsentation von Lebensmitteln fotografiert. Nach fünf Jahren der Planung und Realisierung wird sein monumentaler Essay mit der Präsentation im Museum Morsbroich und der begleitenden Publikation erstmals vorgestellt: 177 Bilder aus dem Alltag der Agrar- und Ernährungswirtschaft, die nicht nur ein bedeutender Wirtschaftszweig ist, sondern indirekt auch das politische und soziale Selbstverständnis der Bevölkerung widerspiegelt. Feldarbeiter, Zuchtbetriebe, Fischfarmen, Großbäckereien, abgepackte Wurstwaren und von der Lebensmittelindustrie zugerichtete Landschaften – es ist ein Zwischenreich, das Schmidt mit seinem schmerzhaft realistischen Blick durchleuchtet. 

So anonym ein Großteil der Lebensmittel in Europa produziert und weiterverarbeitet wird, so unkenntlich sind die Orte, an denen Schmidt fotografiert: Er verzichtet auf lokale Verweise und rückt stattdessen das Allgemeine in den Vordergrund. Der weitgehende Verlust des lokalen Bezuges macht es für den Betrachter unmöglich zu entscheiden, ob sich etwa ein Schlachtbetrieb in Spanien, Frankreich oder England befindet, eine Apfelwaschanlage in Deutschland oder Italien. Die Zustände, die in den Bildern sichtbar werden, vermitteln das bedrohliche Gefühl von Allgegenwart und Nähe. Dabei sind die Motive nicht zudringlich, sondern darauf angelegt, ihre Wirkung mit einer gewissen Verzögerung zu entfalten: klar und modellhaft. 

Michael Schmidt (geboren 1945 in Berlin, lebt in Berlin und Schnackenburg) ist für seine umfangreichen Serien berühmt, an denen er in der Regel drei bis fünf Jahre kontinuierlich arbeitet. Obwohl sich Schmidt intensiv mit den großen Dokumentaristen der Fotografie wie Walker Evans auseinandergesetzt hat, lässt sich sein Stil nicht festlegen. Gegen das Objektive setzt er den subjektiven Umgang mit dem Objekt, auch dem Menschen als Objekt. Mit seiner immer neuen Herangehensweise an fotografische und gesellschaftliche Fragestellungen nimmt Schmidt eine singuläre Stellung ein, sein innovatives projekthaftes Arbeiten und sein extremes Engagement gelten als Vorbild für eine Generation jüngerer Fotografen. 

In den Fotografien von Serien wie „Waffenruhe“ (1985–1987), „EIN-HEIT“ (1991–1994), „Frauen“ (1997–1999) oder „Irgendwo“ (2001–2004) gelang es Schmidt, die unbunte Farbe Grau derart reich zu nuancieren, dass sie als Farbwert wahrgenommen werden kann. Für das Projekt „Lebensmittel“ sind nun auch einige Aufnahmen entstanden, mit denen Schmidt das Prinzip der fein abgestuften Grauskalen zurückhaltend in den Bereich der Farbfotografie weiterführt. Die Fotografien belegen im Gegensatz zu manchen älteren Serien des Künstlers keine Haltung von Wut oder Anklage. Vielmehr ist die Sichtweise Schmidts von äußerster Klarheit und Härte gekennzeichnet. Und doch bleibt bei der Gesamtschau auf das sehr bewusst komponierte Buch und die auf den Ausstellungsort bezogene Präsentation der Serie „Lebensmittel“ ein verstörender Eindruck: „zwei Bilder treten in eine Kombination oder Argumentation, und daraus ergibt sich ein drittes Bild […] so daß, wenn du viele Bilder siehst, irgendwann ein anderes Bild in dir entsteht als jenes, das du objektiv wahrnimmst“ (Schmidt). Wiederholungen, Akzentuierungen und Taktungen sowie vielfältige Bezüge zwischen den einzelnen Fotografien verwandeln Informationen in widerständige Impulse und entziehen der scheinbar dominanten Sachlichkeit nachhaltig den Boden. 

„Lebensmittel“ wird vom 4. März bis 13. Mai 2012 erstmals im Museum Morsbroich präsentiert. Im Anschluss daran zeigen die Galerie im Taxispalais in Innsbruck (16. Juni – 26. August 2012) und der Martin-Gropius-Bau in Berlin (12. Januar – 1. April 2013) das Projekt. 

Kurator der Ausstellung war Markus Heinzelmann.

 

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Snoeck Verlag (264 Seiten, Format 32 x 30 cm, 174 Abb. in Duoton und Farbe; 59 Euro an der Museumskasse, im Buchhandel mit Schmuckschuber: Subskriptionspreis 97 Euro bis 30. März 2012, danach 128 Euro). 

Michael Schmidt. Lebensmittel

4. März – 13. Mai 2012

In den Jahren 2006 bis 2010 hat Michael Schmidt den europäischen Kontinent bereist und die Produktion, Verarbeitung, Konfektionierung und Präsentation von Lebensmitteln fotografiert. Nach fünf Jahren der Planung und Realisierung wird sein monumentaler Essay mit der Präsentation im Museum Morsbroich und der begleitenden Publikation erstmals vorgestellt: 177 Bilder aus dem Alltag der Agrar- und Ernährungswirtschaft, die nicht nur ein bedeutender Wirtschaftszweig ist, sondern indirekt auch das politische und soziale Selbstverständnis der Bevölkerung widerspiegelt. Feldarbeiter, Zuchtbetriebe, Fischfarmen, Großbäckereien, abgepackte Wurstwaren und von der Lebensmittelindustrie zugerichtete Landschaften – es ist ein Zwischenreich, das Schmidt mit seinem schmerzhaft realistischen Blick durchleuchtet. 

So anonym ein Großteil der Lebensmittel in Europa produziert und weiterverarbeitet wird, so unkenntlich sind die Orte, an denen Schmidt fotografiert: Er verzichtet auf lokale Verweise und rückt stattdessen das Allgemeine in den Vordergrund. Der weitgehende Verlust des lokalen Bezuges macht es für den Betrachter unmöglich zu entscheiden, ob sich etwa ein Schlachtbetrieb in Spanien, Frankreich oder England befindet, eine Apfelwaschanlage in Deutschland oder Italien. Die Zustände, die in den Bildern sichtbar werden, vermitteln das bedrohliche Gefühl von Allgegenwart und Nähe. Dabei sind die Motive nicht zudringlich, sondern darauf angelegt, ihre Wirkung mit einer gewissen Verzögerung zu entfalten: klar und modellhaft. 

Michael Schmidt (geboren 1945 in Berlin, lebt in Berlin und Schnackenburg) ist für seine umfangreichen Serien berühmt, an denen er in der Regel drei bis fünf Jahre kontinuierlich arbeitet. Obwohl sich Schmidt intensiv mit den großen Dokumentaristen der Fotografie wie Walker Evans auseinandergesetzt hat, lässt sich sein Stil nicht festlegen. Gegen das Objektive setzt er den subjektiven Umgang mit dem Objekt, auch dem Menschen als Objekt. Mit seiner immer neuen Herangehensweise an fotografische und gesellschaftliche Fragestellungen nimmt Schmidt eine singuläre Stellung ein, sein innovatives projekthaftes Arbeiten und sein extremes Engagement gelten als Vorbild für eine Generation jüngerer Fotografen. 

In den Fotografien von Serien wie „Waffenruhe“ (1985–1987), „EIN-HEIT“ (1991–1994), „Frauen“ (1997–1999) oder „Irgendwo“ (2001–2004) gelang es Schmidt, die unbunte Farbe Grau derart reich zu nuancieren, dass sie als Farbwert wahrgenommen werden kann. Für das Projekt „Lebensmittel“ sind nun auch einige Aufnahmen entstanden, mit denen Schmidt das Prinzip der fein abgestuften Grauskalen zurückhaltend in den Bereich der Farbfotografie weiterführt. Die Fotografien belegen im Gegensatz zu manchen älteren Serien des Künstlers keine Haltung von Wut oder Anklage. Vielmehr ist die Sichtweise Schmidts von äußerster Klarheit und Härte gekennzeichnet. Und doch bleibt bei der Gesamtschau auf das sehr bewusst komponierte Buch und die auf den Ausstellungsort bezogene Präsentation der Serie „Lebensmittel“ ein verstörender Eindruck: „zwei Bilder treten in eine Kombination oder Argumentation, und daraus ergibt sich ein drittes Bild […] so daß, wenn du viele Bilder siehst, irgendwann ein anderes Bild in dir entsteht als jenes, das du objektiv wahrnimmst“ (Schmidt). Wiederholungen, Akzentuierungen und Taktungen sowie vielfältige Bezüge zwischen den einzelnen Fotografien verwandeln Informationen in widerständige Impulse und entziehen der scheinbar dominanten Sachlichkeit nachhaltig den Boden. 

„Lebensmittel“ wird vom 4. März bis 13. Mai 2012 erstmals im Museum Morsbroich präsentiert. Im Anschluss daran zeigen die Galerie im Taxispalais in Innsbruck (16. Juni – 26. August 2012) und der Martin-Gropius-Bau in Berlin (12. Januar – 1. April 2013) das Projekt. 

Kurator der Ausstellung war Markus Heinzelmann.

 

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Snoeck Verlag (264 Seiten, Format 32 x 30 cm, 174 Abb. in Duoton und Farbe; 59 Euro an der Museumskasse, im Buchhandel mit Schmuckschuber: Subskriptionspreis 97 Euro bis 30. März 2012, danach 128 Euro). 

Veranstaltungen

Gruppenführungen

Gern führen wir Sie durch das Haus.

Anmeldung unter Telefon +49 214 406 - 45 00 oder per E-Mail an info@morsbroich.de

walk & talk
4. Juni, 16. Juli, 13. August, 15. Oktober

Bewegungen zur Kunst mit dem Morsbroicher Kurator*innen

12 Uhr

Mit Dr. Thekla Zell (13.8.23, 15.10.23) oder Fritz Emslander (4.6.23, 16.7.23).

Wir bitten um Anmeldung unter Telefon +49 21 44 06 45 00 oder info@morsbroich.de
Maximale Teilnehmerzahl: 25

Grotten im Garten: Gegenräume und Passagen
17. Juni

14 Uhr

Vortrag von Dr. Fritz Emslander 
auf Einladung von Margit Czenki & Christoph Schäfer / parklabyr

Museum Morsbroich, Spiegelsaal 

Abb.: Bomarzo, Sacro Bosco, Höllenmaul, um 1564-1570

KUNSTGENUSS. yours truly,
30. Mai, 6. Juni, 1. August, 15. August

jeweils um 14.30 Uhr


„yours truly,“ – „Mit freundlichen Grüßen,“ laden wir Sie in die neue Ausstellung ein.

Der Untertitel der Ausstellung lautet: „Es braucht ein Ich, um wir zu sagen,“ (Barbara Köhler) und stellt die Frage nach dem Ich. Die Besucher*innen sind eingeladen, über ihr Verhältnis zu einem Kunstwerk nachzudenken. Ein künstlerisches Werk besitzt aufgrund seiner Offenheit die Fähigkeit, sich an alle auf ganz individuelle Weise zu richten. Und die präsentierten Kunstwerke stellen konsequent die Frage nach dem „Ich“ des Museumsgastes...